Was darf der Arbeitgeber fragen?


Den Arbeitgeber darf grundsätzlich nur das interessieren, was den Arbeitnehmer für die zu besetzende Stelle qualifizieren kann. Nach Dingen, die für die Stellenbesetzung keine Rolle spielen, darf er nicht fragen. Ein krasses Beispiel: Es dürfte kaum ein Job denkbar sein, bei dem es eine Rolle spielt, ob der Bewerber privat in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt. Eine Frage danach ist also generell nicht gestattet.

Was der Arbeitgeber fragen darf, hängt sehr stark vom Einzelfall ab. Will eine Tageszeitung z. B. einen neuen Redakteur einstellen, ist es durchaus gestattet, nach der politischen Einstellung des Bewerbers zu fragen. Soll nur eine Raumpflegerin angeheuert werden, ist die Frage nicht zulässig.
Anhand der nachfolgenden Stichwortliste können Sie sich im Einzelnen informieren, was zulässig ist und was nicht.

 

 

Frage nach der Ausbildung

Natürlich darf er nach der Ausbildung des Berufsbewerbers fragen. Um beurteilen zu können, ob der Bewerber für die Stelle passt, ist diese Frage von zentraler Bedeutung. Der Arbeitnehmer ist hier jedenfalls verpflichtet, wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Insoweit darf der Chef auch fragen, wo die Ausbildung absolviert wurde. Denn die Ausbildungsstelle lässt häufig Rückschlüsse auf die Qualität der Ausbildung zu. Aus dem gleichen Grunde sind Fragen nach zusätzlich absolvierten Kursen und Seminaren zulässig.

 

Frage nach der Berufserfahrung

Hier gilt das Gleiche wie für die Ausbildung. Für die Frage, ob sich der Bewerber für die ausgeschriebene Stelle eignet, kommt es natürlich maßgeblich darauf an, über welche Berufserfahrung er verfügt. Genauso wichtig ist es für den Arbeitgeber im Übrigen auch, zu erfahren, wo die Berufsausbildung gesammelt wurde. Insoweit ist auch die Frage nach früheren Arbeitgebern zulässig. Verfügt der Arbeitnehmer über nicht einschlägige Berufserfahrungen, kann er frei entscheiden, ob er Angaben macht. Bewirbt sich eine Bürokauffrau als Chefsekretärin bei einem Pharmahersteller, kann es durchaus sinnvoll sein, eine frühere Beschäftigung als Krankenschwester anzugeben. Hat die gleiche Kraft noch früher als Prostituierte gearbeitet, könnte die Erwähnung dieser Berufserfahrung eventuell problematisch sein.

 

Frage nach Pfändungen

Fragen nach Vermögensverhältnissen sind eigentlich unzulässig. Ob der Arbeitnehmer Schulden hat oder nicht, geht den Arbeitgeber eigentlich nichts an, es sei denn, die Stelle ist durch ein besonderes Vertrauensverhältnis charakterisiert. Nach Pfändungen darf der Arbeitgeber aber trotzdem fragen. Über kurz oder lang stellt sich sowieso heraus, ob gegen den Arbeitnehmer Pfändungstitel vorliegen, nämlich spätestens dann, wenn die Gläubiger des Arbeitnehmers die neue Arbeitsstelle herausgefunden haben und den Arbeitslohn auch dort pfänden. Für den Arbeitnehmer ist es oft sogar zweckdienlich, beizeiten mit der Wahrheit herauszurücken. Oft kann der neue Arbeitgeber helfen, hier Schwierigkeiten zu bewältigen.

 

Frage nach Freizeitinteressen

Was der Bewerber in seiner Freizeit tut, geht den Chef grundsätzlich nichts an - es sei denn, die Freizeitbeschäftigung ist in seltenen Ausnahmefällen geeignet, sich irgendwie auf den Beruf auszuwirken. Dies gilt insbesondere für besonders gefährliche Sportarten wie Fallschirmspringen, Drachenfliegen oder Autorennfahren. Solche Freizeitbeschäftigungen müssen auf Nachfrage erwähnt werden. Übrigens: Skifahren (Auch Trickskifahren) und Bergsteigen fallen nicht darunter.

 

Frage nach dem Gesundheitszustand

Hier muss man zwischen aktuellen und früheren Krankheiten unterscheiden.

Aktuelle Krankheiten gehen den Chef dann etwas an, wenn sie ansteckend sind. Schließlich soll ja nicht in Bälde die ganze Belegschaft flach liegen. Ferner darf er nach chronischen Krankheiten fragen, die den Arbeitnehmer auf Dauer in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen können. Sonstige aktuelle Erkrankungen, die weder den Betriebsablauf noch die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers nachhaltig beeinträchtigen können, brauchen den Chef nicht zu interessieren und dürfen deshalb nicht abgefragt werden.

Frühere Krankheiten sind nur dann relevant, wenn sie eventuell wieder ausbrechen können (z. B. Malaria). Sonst braucht der Arbeitnehmer darüber keine Auskunft geben.

 

Frage nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit

Ob der neue Arbeitnehmer in der Gewerkschaft ist oder nicht, geht den Chef grundsätzlich nichts an. Nach dem er ohnehin alle Arbeitnehmer gleich behandeln muss, muss er jedem den Tariflohn zahlen, egal ob Tarifpartner oder nicht. Außerdem garantiert das Grundgesetz jedem die Koalitionsfreiheit - und die wäre nicht mehr gewährleistet, wenn die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit gestattet wäre und Gewerkschafter dann zunehmend von Jobs ausgeschlossen würden.

 

Frage nach dem Personenstand

Ob jemand heiraten will, schon verheiratet ist oder in nichtehelicher Gemeinschaft mit seinem Goldfisch lebt, ist seine Privatsache. Danach darf der Chef nicht fragen. Meist wird der Arbeitnehmer allerdings keine Schwierigkeiten haben, unbefangen darüber Auskunft zu geben. Obwohl: Einer jungverheirateten Frau fällt es schwerer, einen Job zu bekommen als einer Ledigen. Nach Ansicht des Chefs könnte eine baldige Schwangerschaft mit den entsprechenden negativen Folgen für ihn drohen...

Keine Regel ohne Ausnahme. Auch hier braten sich "Tendenzbetriebe", also Arbeitgeber mit religiöser Tendenz eine Extrawurst. Nach der katholischen Glaubenslehre ist die Ehe unauflöslich ("... bis dass der Tod Euch scheidet"). Wer sich trotzdem scheiden lässt, handelt der Glaubenslehre zuwider. Eigentlich müssten die Tendenzbetriebe also Geschiedene nicht akzeptieren. Nachdem inzwischen aber speziell hochqualifizierte Arbeitnehmer besonders häufig geschieden sind (denn außergewöhnlicher Arbeitseinsatz rächt sich im privaten Bereich), schlucken auch religiöse Arbeitgeber inzwischen eine Scheidung. Wehe aber, wenn der Geschiedene wieder verheiratet ist. Dann führt er nämlich nach den Glaubensregeln eine Doppelehe - und das akzeptieren Caritas und Co. nicht mehr! Nach einer Wiederverheiratung dürfen sie also fragen. Ob sie dann im Hinblick auf den Personenstand mit der Wahrheit bedient werden, ist eine andere Frage. Häufig werden die ersten Ehen dann einfach verschwiegen.

Übrigens: Ein Tendenzbetrieb kann nach der derzeitigen Rechtsprechung einem geschiedenen Mitarbeiter schon deswegen kündigen, bloß weil er wieder heiratet. Tja...

 

Frage nach der politischen Einstellung

Ebenso wie der Glaube oder Unglaube ist das Parteibuch bzw. die politische Einstellung die Privatsache eines Jeden. Das Grundgesetz garantiert jedem die Meinungsfreiheit, weshalb nicht einzusehen ist, dass jemand einen Job nur deshalb nicht kriegen sollte, weil der Chef einer anderen politischen Richtung anhängt.

Etwas anderes gilt jedoch, wenn es im Rahmen des Jobs auf die politische Einstellung ankommt. Wie gesagt: Der Chefredakteur einer Tageszeitung darf den neu einzustellenden Redakteur nach seiner politischen Richtung befragen, denn die Zeitung selbst hat eine vom Verleger vorgegebene Tendenz, die es einzuhalten gilt. Stellt er jedoch eine Putzfrau ein, spielt deren Parteibuch keine Rolle.

 

Frage nach der Religion

Wer an was glaubt oder auch nicht - das geht grundsätzlich niemanden etwas an. Etwas Anderes gilt nur, wenn der Glaube im auszuübenden Beruf eine Rolle spielt. Eine katholische Bekenntnisschule wird natürlich ein Interesse daran haben, möglichst nur einen Katholiken als Lehrer einzustellen und darf demzufolge auch nach dem Bekenntnis fragen. Ob sie das auch noch darf, wenn sie einen Sportlehrer oder gar nur eine Sekretärin oder Putzfrau einstellen will, ist nicht mehr ganz so klar. Die derzeitige Rechtsprechung geht davon aus, dass sogenannte "Tendenzbetriebe", also Arbeitgeber mit einer eindeutigen religiösen Tendenz (Kirchen, Bekenntnisschulen, Caritas, religiöse Zeitungen u.ä.), Arbeitnehmer aufgrund anderer Religion ablehnen dürfen, auch wenn ihre Tätigkeit nicht tendenzrelevant ist. Wer seinen Arbeitgeber bei der Einstellung über die Religion hinwegtäuscht, kann im Falle eines Tendenzbetriebs deshalb gekündigt werden, falls die Wahrheit aufkommt. In einer katholischen Pfarrei in München sind tatsächlich vor einigen Jahren zwei muslimische Putzfrauen wegen ihres Glaubens gekündigt worden - auf Veranlassung des Ordinar(r)iats und gegen den Willen des Pfarrers. So streng und unsinnig sind die Sitten.

 

Frage nach einer Schwangerschaft

Die Frage nach der Schwangerschaft - sie ist ein etwas kniffliges Kapitel.

  • Einerseits hat der Chef natürlich ein erhebliches finanzielles Interesse daran, zu wissen, ob er eine "Hoffnungsträgerin" vor sich hat oder nicht. Denn Mutterschaftsurlaub und schwangerschaftsbedingter Krankheitsausfall kosten eine Stange Geld, und außerdem steht die neue Arbeitskraft nicht zur Verfügung. Die Rechtsprechung hat entschieden, dass rein finanzielle Aspekte hier nicht zu einem Auskunftsrecht führen. Generell darf der Chef nach einer Schwangerschaft nicht fragen, und die Frau muss darüber auch keine Auskunft geben. Aber...
  • ...davon gibt es ein paar gewichtige Ausnahmen. Denn erstens gibt es Jobs, in denen Schwangere nicht oder nur beschränkt eingesetzt werden dürfen, weil sonst die Gesundheit der werdenden Mutter oder des ungeborenen Kindes gefährdet wird (vgl. § 4 Mutterschutzgesetz, Beispiel: Chemielaboratorium mit giftigen Dämpfen). Weiter kann eventuell notwendiger körperlicher Einsatz mit der Schwangerschaft unvereinbar sein (Tänzerin, Fotomodell). Schließlich kann es sein, dass die offerierte Stelle ohnehin nur befristet ist - und dass bei Ausnutzung der gesetzlichen Schutzfristen und des Erziehungsurlaub durch die Schwangere die Stelle dann praktisch gar nicht besetzt wird. In diesen Fällen gibt es sehr wohl ein Fragerecht des Arbeitgebers und eine Auskunftspflicht der Schwangeren.

 

Wonach darf der Chef fragen - Schwerbehinderung

Ja und Nein. Der Chef darf nach einer Schwerbehinderung von mehr als 50 % fragen. Denn ab dieser Behinderungsquote kann die Behinderung nach landläufiger Meinung immer zu Problemen im betrieblichen Ablauf führen - und das muss der Chef natürlich vorher wissen. Außerdem hat er im Rahmen des Arbeitsverhältnisses verschiedene Frage mit der Hauptfürsorgestelle zu klären. Die Frage ist bei einer Behinderung von mehr als 50 % also berechtigt und muss wahrheitsgemäß beantwortet werden. Eine geringere Behinderung muss dann offenbart werden, wenn sie speziell im avisierten Job die Einsatzfähigkeit beeinträchtigen kann.

 

Frage nach Trinkgewohnheiten

Solange seine Trinkgewohnheiten den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers nicht arbeitsplatzrelevant beeinträchtigen, sind sie seine Privatsache - und der Chef darf nicht danach fragen. Meist braucht er es auch gar nicht. Der Geübte erkennt einen Alkoholliebhaber ohnehin an der Nasenspitze.

 

Frage nach Vermögensverhältnissen

Sie sind eigentlich Privatsache und gehen den Chef nichts an. Etwas anderes gilt nur in zwei Fällen. Soll der Arbeitnehmer im Betrieb eine Vertrauensposition (z. B. als "rechte Hand des Chefs") einnehmen, dann hat der Chef natürlich ein Interesse daran, zu wissen, ob sein Angestellter dringend Geld braucht oder eventuell gar erpressbar ist. Schließlich soll er im Betrieb ja auch mit erheblichen finanziellen Mitteln umgehen. Ferner muss der Chef wissen, ob gegen den Arbeitnehmer Pfändungstitel vorliegen. Dann ist ja eine Gehaltspfändung absehbar.

 

Frage nach Vorstrafen

Nach Vorstrafen darf der Chef fragen - aber nur nach einschlägigen, also solchen, aus denen sich ein Verhalten ergibt, das für den Job schädlich sein könnte.

Der Kraftfahrer muss auf die Frage nach Vorstrafen also Auskunft über Verkehrsdelikte, nicht aber über seinen letzten Bankraub geben, der Kassierer muss die Wahrheit über seine Vermögensdelikte sagen (Diebstahl, Betrug etc.), darf aber seine Trunkenheitsfahrten und Wirtshausschlägereien verschweigen.

 

Frage nach dem Wehrdienst

Die Frage nach dem abgeleisteten Wehrdienst darf grundsätzlich gestellt werden. Denn wer Wehrdienst geleistet hat, auf den kommen unter Umständen Wehrübungen zu - und das muss der Chef wissen.

Im Übrigen ist bei einer gewissen Sorte Chefs die Frage auch deshalb beliebt, weil sie Soldaten für bessere Arbeitnehmer halten als Ersatzdienstleistende. Denn sie sind keine "Verweigerer". Ich selbst habe bei meinem ersten Job als angestellter Rechtsanwalt einen gleich geeigneten Kollegen aus dem Feld geschlagen, weil ich den Wehrdienst geleistet hatte, während der andere Ersatzdienst in der Altenpflege absolviert hatte. Wessen Arbeitsleistung die höhere war, spielte keine Rolle, sondern nur, dass ich einer Verpflichtung nachgekommen war, um die sich der andere "gedrückt" hatte. Derlei krause Gedankengänge sollte man als Bewerber im Auge behalten.

 

Frage nach Wettbewerbsverboten

Die Frage danach ist geradezu selbstverständlich. Unterliegt der einzustellende Arbeitnehmer nämlich im Verhältnis zu seinem früheren Arbeitgeber einem Wettbewerbsverbot (d. h. hat er sich vertraglich verpflichtet, für einen gewissen Zeitraum nach seinem Ausscheiden nicht bei der Konkurrenz zu arbeiten, damit das Firmen Know-how dem Wettbewerb nicht zugute kommt), dann kann der alte Arbeitgeber eventuell gerichtlich verlangen, dass der Arbeitnehmer die neue Stelle wieder aufgibt - und das ist für den Arbeitgeber natürlich eminent wichtig.

 

Frage nach beruflichen und persönlichen Zielen

Fragen darf er - aber der Bewerber muss nicht anworten, wenn er nicht will. Häufig wird es aber zweckmäßig sein, die richtigen Antworten zu geben. Deuten doch maßvoll gesetzte berufliche Ziele auf Ehrgeiz und Motivation hin und künden vernünftige private von einem "ordentlichen" und damit den beruflichen Einsatz fördernden Lebenswandel...